27.10.2016 | Kiel | Aktuelles

Abfallgebühren gerecht verteilen – Zukunftsfähige Konzepte entwickeln

Haus & Grund schreibt einen Brief an die Stadt

In die Diskussion über die Kieler Abfallgebühren scheint wieder Bewegung zu kommen. Zugleich häufen sich nach Auskunft des Abfallwirtschaftsbetriebes die Probleme mit Fehlbefüllungen und ordnungsgemäßer Mülltrennung. Haus & Grund hat der Landeshauptstadt deswegen einen Brief geschrieben:

 

"Seit Jahren übt Haus & Grund Kiel scharfe, aber dennoch konstruktive Kritik an der rasanten und besorgniserregenden Entwicklung der kommunalen Abgaben, die sowohl unsere Mitglieder sowie auch deren Mieter ohne Rücksicht auf deren Leistungsfähigkeit immer häufiger unerträglich belasten. Das Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Gebühren und Abgaben steigen weiter.

 

Die Abfallgebühren in Kiel bilden hier eine erfreuliche Ausnahme. In den vergangenen zehn Jahren haben wir uns in Sachen Abfallgebühren über eine hohe Stabilität und Kontinuität gefreut. Sogar Gebührensenkungen waren dabei. Wir wünschen uns, dass dies so bleibt und wir auch im Rahmen der modifizierten Gebührenerhebung keine Mehrbelastung für die Eigentümer und Mieter feststellen müssen. Vielmehr sollten finanzielle Anreize gesetzt werden, die zu einer relevanten Einsparung bei einer korrekten Abfallentsorgung führen. Die Anreize zur Einsparung von Restmüll könnten z.B. durch mehr Tonnengrößen unterstützt werden. Ein Sprung von der 240 L – Tonne auf eine 120 L-Tonne ist für viele unrealistisch. Eine 180 L-Tonne zu erreichen und dadurch 100,–  bis 120,– € im Jahr zu sparen, dürfte ein realistischer Anreiz sein. Ziel sollte es grundsätzlich sein, sich im bundesweiten Müllgebührenranking in der Spitzengruppe zu etablieren. Der aktuelle Platz 23 ist sicherlich ausbaufähig.

 

Gebühren sind eine spezielle Gegenleistung für eine Leistung der Verwaltung oder für die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung. Dabei sollte es im Wesentlichen auf die tatsächlich erfolgte Inanspruchnahme ankommen. Dieser Wirklichkeitsmaßstab ist dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab vorzuziehen, da nur so ein offensichtliches Missverhältnis zu der Inanspruchnahme vermeidbar ist. Sofern hier eine Entlastung der Großverbraucher geplant ist, darf diese nicht zu Mehrbelastungen bei den Kleinverbrauchern führen.

 

Eine Auswertung unserer Abgabenbescheide ergibt folgendes: in 2016 haben wir 1161 Abgabenbescheide erhalten. Davon waren 115 für 1.100 L – Behälter (42 Wohnungseigentümergemeinschaften und 73 Mehrfamilienhäuser). Überträgt man dieses Verhältnis auf unsere Mitglieder, so wären über 90% durch eine Subventionierung der Großverbraucher betroffen. Bitte bedenken Sie auch, dass rund 60% unserer Mitglieder Ein- und Zweifamilienhauseigentümer sind. Hier darf es nicht zu einer Mehrbelastung kommen.

 

Soweit Sie vorhaben, zusätzlich eine Grundgebühr einzuführen, ist dies grundsätzlich möglich und sachgerecht. Aber auch beim Grundgebühren-Maßstab ist nach den unterschiedlichen Nutzergruppen zu differenzieren. Mit der Grundgebühr sollten nur Kosten für die Inanspruchnahme der Lieferung- bzw. Betriebsbereitschaft abgegolten werden - also Fixkosten, die durch das Bereitstellen und das ständige Vorhalten der Einrichtung entstehen (anteilige Personalkosten, Unterhalts- und Instandsetzungskosten sowie Abschreibungen und Verzinsung). Die durch den Vorgang der Leistungserstellung hervorgerufenen variablen Kosten, sollten weiterhin durch die Arbeitsgebühr erfasst werden. Bei der Wahl des Maßstabes, sind sicherlich die örtlichen Verhältnisse sowie die Praktikabilität einerseits und die Vermeidung ökologisch unerwünschter Nebenwirkungen andererseits, zu berücksichtigen. Gerade bei Müllgebühren sollte unseres Erachtens aber möglichst umfassend auf den Abfallverursacher und sein Verhalten abgestellt werden. Als Maßstab kommen hier die Entleerungshäufigkeit, das Behältervolumen und das Gewicht infrage. Gegebenenfalls ist auch ein kombinierter Maßstab nach Gewicht und Volumen bei Behältern möglich. Gerade um die bessere Trennung von Bio- und Restmüll zu erreichen, wünschen wir uns konzeptionelle Ansätze, um auf die Zurückhaltung in den privaten Haushalten zu reagieren. Mit einfachen Worten ausgedrückt: wenn jemand Biomüll „eklig“ findet, müssen wir ihm Wege und Mittel aufzeigen, wie das trotzdem geht.

 

Die Höhe der Wohnnebenkosten ist ein wichtiger Standortfaktor für die Landeshauptstadt Kiel. Der Abfallwirtschaftsbetrieb kann dafür Sorge tragen, dass die Belastungen durch die Abfallgebühren in Kiel nicht steigen. Hierbei werden wir den ABK gerne unterstützen."