10.10.2025 | Flensburg-Kiel-Lübeck | Aktuelles

Haus & Grund Kiel: „Bau-Turbo“ wird in Kommunen zum Rohrkrepierer

Auf kommunaler Ebene wird Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum blockiert

In Schleswig-Holstein stottert der gestern von der Bundesregierung verabschiedete „Bau-Turbo“ (gleichzusetzen mit der Baugesetzbuch-Novelle), bevor er überhaupt Fahrt aufgenommen hat. In mehreren Kieler Kommunen und Umlandgemeinden – wir berichteten u.a. über Altenholz und Suchsdorf-West – werden Bauprojekte privater Bauherren und Bauherrinnen aus fadenscheinigen Gründen oder Streitigkeiten zwischen den Kommunen blockiert:

 

So auch aktuell in der Gemeinde Schellhorn im Landkreis Plön. Ein Projekt mit einem Volumen von rund 5 Millionen Euro liegt auf Eis. Vorgesehen ist hier der Bau von vier klimaneutralen Wohnhäusern mit 16 Wohneinheiten vornehmlich für die Generation 60+, die dringend benötigten Wohnraum freimachen würden für junge Familien.

 

Doch den Bauherren Franziska und Steffen Kaczmarczyk war ein Baustopp auferlegt worden. Der pikante Hintergrund für die Maßnahme: Das zu bebauende Grundstück liegt auf dem Gebiet der Gemeinde Schellhorn, die einzige Zuwegung und damit die Erschließungsstraße gehört der Stadt Preetz. Beide Kommunen sind seit Jahren in Auseinandersetzungen verstrickt.

 

Schon gegen den positiv erteilten Bauvorbescheid im Jahr 2024 seitens des Kreises Plön hat die Stadt Preetz Widerspruch eingelegt, der jedoch abgewiesen wurde. Nach Erteilung der Baugenehmigung Anfang 2025 wurde von der Stadt Klage eingereicht, für die bislang jedoch eine Begründung aussteht. Nun ist seitens des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts eine sogenannte Betreibensaufforderung ergangen. Angesichts der langen Zeiträume und dem gänzlichen Fehlen einer Begründung der Klage bestünden Zweifel an einem fortbestehenden Rechtsschutzinteresse der Klägerin, heißt es in dem Beschluss.

 

Für die Kaczmarczyks bedeutete die Verzögerung eine monatliche Kostensteigerung der veranschlagten Baukosten von rund 10.000 Euro. „Für uns fühlt es sich so an, als hoffe man, dass wir aufgrund der Umstände, der Verzögerungen und der damit steigenden Kosten für uns das Vorhaben letztlich aufgeben“, sagt Steffen Kaczmarczyk. Doch das Ehepaar, beide selbstständig mit zwei kleinen Kindern, sieht das Projekt als Altersvorsorge. In der Hoffnung auf die Abwendung der Klage haben sie daher mit dem Bau begonnen. Dann kam der Baustopp.

 

Für die Zuwegung zum Grundstück, eine Fahrradstraße, laut der Straßenverkehrsordnung lediglich für Motorräder und Pkw zugelassen, wird für die Durchfahrt mit Lkw eine Ausnahmegenehmigung benötigt. Die hätten die Bauherren nicht beantragt, heißt es in der Begründung der Ordnungsverfügung der Stadt Preetz. Angedroht wurde auch ein Zwangsgeld.

 

Auch hier gibt es ein pikantes Detail: Das Verkehrsschild, das die Zufahrt für Lkw in die seit mehr als zehn Jahren bestehende Fahrradstraße verbietet, ist erst im Zuge der Auseinandersetzung über das Bauvorhaben aufgestellt worden. Die Jahre zuvor war die Zufahrt mit Lkw laut der vorhandenen Beschilderung erlaubt.

 

Auf Nachfrage von Haus & Grund Kiel beim Bürgermeister der Stadt Preetz, Tim Brockmann, kam der Stein dann doch schnell ins Rollen. Noch am selben Tag wurde die dringend erwartete Ausnahmegenehmigung für das Befahren der Fahrradstraße mit Lkw bis zu vierzig Tonnen mit einigen Auflagen erteilt.

 

Zu dem laufenden Gerichtsverfahren verweist Brockmann auf das Verwaltungsgericht Schleswig und sieht die Stadt Preetz nicht in der Verantwortung.

 

Für Haus & Grund Kiel und den Geschäftsführer Sönke Bergemann fügt sich der vorliegende Fall nahtlos in die Reihe „Bauen, bremsen, blockieren“, auf die der Verein nicht müde wird hinzuweisen und die Kommunen zu einem Umdenken bewegen möchte:

 

„Mit der gestern verabschiedeten Baugesetzbuch-Novelle will die Bundesregierung den Wohnungsbau beschleunigen – politisch wird sie als „Bau-Turbo“ gefeiert. Von Feierlaune sind wir hier in der Landeshauptstadt und den Umlandgemeinden aber noch weit entfernt. Viele Kommunen wehren sich nach wie vor mit Händen und Füßen, investitionsfreundliche Bedingungen zu schaffen.

 

Engagierte und mutige Projektentwickler und Projektentwicklerinnen sehen sich immer wieder konfrontiert mit verbraucherfeindlichen Regelungen wegen mangelhafter Behördenplanung. Viele Maßnahmen, wie das einem Schildbürgerstreich gleichende Preetzer Beispiel zeigt, schützen Behörden und deren Interessen, aber nicht die Menschen, die ihr Erspartes in Wohneigentumsbildung und damit ihre Altersvorsorge investieren wollen. Wenn solche Pläne durch Verfahrensverschleppungen nachhaltig torpediert werden und in der Folge scheitern, bleiben die finanziellen Folgen nicht selten, wie auch hier, an den privaten Bauherren und Bauherrinnen hängen, die im guten Glauben Wohnraum schaffen wollen.

 

Das Vertrauen in Baurecht und Eigentum wird untergraben, wenn private Investoren für Fehler haften sollen, die sie weder verursacht haben noch erkennen konnten. Haus & Grund Kiel fordert deshalb von den Kommunen, sich an die Vorgaben aus Berlin zu halten, Bauflächen für Wohnraum zu schaffen sowie Planungs- und Genehmigungsprozesse zu beschleunigen.

 

Es muss Schluss damit sein, durch zu viele Einschränkungen und den Widerstand gegen neues Bauland den Mangel zu verwalten. Die Kommunen täten gut daran, den „Bau-Turbo“ selbst zu zünden!“